Die neue Inquisition: Wer mit der AfD redet, wird verbrannt

Demokratie mit Maulkorb: Warum politische Gespräche kein Verrat sind
Ein Gespräch zwischen einer CDU-Politikerin und AfD-Chefin Weidel reicht, um die Republik in Aufruhr zu versetzen. Doch was, wenn genau diese Empörung der eigentliche Schaden für die Demokratie ist? Warum der politische Ausschluss gewählter Abgeordneter nicht schützt – sondern gefährlich ist.

Wer mit Weidel spricht, hat verloren? Wie sich Deutschland in moralischer Selbstverblendung verrennt

Eine Szene am Rande einer Konferenz in Ungarn: Saskia Ludwig, CDU-Abgeordnete, im Gespräch mit Alice Weidel, AfD-Chefin. Kein Deal, keine Koalition, kein Schulterschluss – ein Austausch. Das reicht, um einen politischen Feuersturm auszulösen. Die CDU distanziert sich, Medien überschlagen sich, und die Brandmauer wird zum Fetisch. Was hier passiert, ist nicht Wachsamkeit, sondern autoritäre Gesinnung im demokratischen Gewand.

Wer redet, wird geächtet

Die Tagesschau spricht von einem „Tabubruch“. Der Tagesspiegel raunt von „Aufweichung der Brandmauer“. Die taz erkennt gar „Signale an die AfD“. In Wahrheit geht es um nichts weiter als das Grundprinzip politischer Kultur: den Dialog. Doch wer heute mit dem falschen Lager redet, wird zur Persona non grata erklärt – selbst ohne jegliche inhaltliche Annäherung. Es reicht die Möglichkeit der Kommunikation, um in die Nähe des politischen Untouchables gerückt zu werden. Das ist nicht demokratisch – das ist inquisitorisch.

Kommunalpolitik kennt keine ideologische Brandmauer

In zahllosen Kommunalparlamenten funktioniert der politische Alltag längst anders, als es Berlin gern vorgibt. Da wird über Haushalt, Infrastruktur oder Schulpolitik verhandelt – und eben auch mit AfD-Vertretern gesprochen, Anträge werden mitgetragen, wenn der Inhalt überzeugt. Nicht, weil man deren Weltbild teilt, sondern weil es um Sachfragen geht. Genau das ist Demokratie: gewählte Vertreter ringen um Lösungen. Wer aus ideologischer Reinheit Gespräche verweigert, lähmt Politik – und missachtet den Wählerwillen.

Der demokratische Feind steht nicht im Plenarsaal

Die AfD ist demokratisch gewählt. Dass viele ihrer Positionen kritikwürdig sind, gehört zum politischen Diskurs. Aber wer Mandatsträger pauschal aus der politischen Gestaltung ausschließen will, bewegt sich auf dünnem Eis. Denn wo genau liegt die Grenze? Beim Gespräch? Beim Händedruck? Beim gemeinsamen Abstimmungsverhalten? Wer definiert diese rote Linie? Und mit welchem Mandat?

Ausschluss als System – ein Fall für den Verfassungsschutz?

Der demokratische Staat lebt vom Wettbewerb der Meinungen – nicht von ihrer Ausgrenzung. Wenn gewählten Volksvertretern pauschal das Recht zur Mitgestaltung abgesprochen wird, ist das kein Zeichen der Wehrhaftigkeit, sondern der Schwäche. Es ist – milde gesprochen – undemokratisch. In aller Schärfe formuliert: despotisch. Wer Mandatsträger systematisch aus der politischen Teilhabe ausschließen will, stellt das Prinzip der repräsentativen Demokratie in Frage. Eine solche Praxis ist näher an der Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung als jedes Gespräch am Rande einer Konferenz.

Demokratie braucht keine Brandmauer – sie braucht Reife

Man muss die AfD nicht mögen. Man kann sie politisch bekämpfen – mit Argumenten, mit Klarheit, mit Haltung. Aber wer demokratisch gewählte Abgeordnete ausgrenzen will, nur weil sie von der „falschen“ Partei sind, der schwächt das Parlament und stärkt den Extremismus. Brandmauern mögen sich gut anfühlen – regieren lässt sich mit ihnen nicht. Die politische Reife zeigt sich nicht in Abgrenzung, sondern im Umgang mit Differenz. Und dieser beginnt beim Gespräch.