Pinnow: Wenn Bürgernähe zur Nebensache wird

In Pinnow wächst das Misstrauen.
In der Zuschrift einer Bürgerreporterin aus Pinnow wird deutlich: In Pinnow wächst das Misstrauen. Bürger fühlen sich von der Fraktion „Wir für Pinnow“ übergangen, die Einwohnerfragestunde wurde gekürzt – Kritik und Rücktrittsforderungen werden lauter.

Gemeindevertretersitzung in Pinnow – wenn Bürgerstimmen nicht gehört werden – „So etwas hat es nicht einmal zu Zeiten von Amtsdirektor Krause gegeben“

Vielleicht haben auch Sie die Wahlergebnisse der Kommunalwahlen in NRW verfolgt? Mittlerweile sind es ja schon normale Meldungen, dass sich das Wahlergebnis der AfD bei nahezu allen Wahlen in Deutschland vervielfacht. Denn die „Blauen“ versprechen vor allem Eines: Dass sie die Bürger anhören und ihre Belange ernst nehmen. Bürgernähe ist der Schlüssel zum politischen Erfolg. Immerhin ist es auch der Bürger, der die Politiker ins Amt hebt und ihm das Vertrauen schenkt, in seinem Sinne zu handeln. Umso überraschender ist, mit welcher Vehemenz die Fraktion „Wir für Pinnow“ in der Gemeindevertretung des Ortes gegen die eigenen Bürger anarbeitet.

Nach wie vor ist die Stimmung im Ort angespannt, nachdem die benannte Fraktion in einer „Nacht und Nebel-Aktion“ Anfang des Jahres versucht hatte, schnellstmöglich eine Eingemeindung nach Schwedt ohne Beteiligung der Pinnower Bürger über die Bühne zu bringen. Verhindert wurde dies nur durch den Aufstand erregter Bürger, die in der besagten Gemeindevertretersitzung ihren Unmut kundtaten. Sogar die Angermünder Bürgermeisterin meldete sich bei dem Termin zu Wort.
Der die Beschlussvorlage wurde zurückgezogen, aber das tiefe Misstrauen der Pinnower blieb. Das zeigte sich in den vergangenen Sitzungen der Gemeindevertreter immer wieder in der Einwohnerfragestunde: Nicht nur das Vertrauen in die Fraktion „Wir für Pinnow“ ist tief angegriffen, auch das Verhältnis zur mitverwaltenden Stadtverwaltung Schwedt ist gestört. Pinnower Einwohner bombardieren die Verwaltung und die Gemeindevertreter mittlerweile nahezu in jeder Sitzung mit kritischen Fragen, die Antworten der Verwaltung und der Fraktion „Wir für Pinnow“ darauf sind geprägt von Zynismus und zum Teil nicht verifizierbaren Aussagen. Als Zuschauer merkt man schnell: Hier schenkt keiner dem anderen etwas.

Wenig überraschend daher, dass der Sitzungsleiter Walter Kotzian nun eine neue Strategie bei der Sitzung der Gemeindevertreter fährt: Die Bürgerfragestunde wird – wie in der Geschäftsordnung geregelt – fortan wirklich nur noch 30 Minuten dauern. Dies wurde in der Sitzung am 17.09. verkündet. So kam es, dass nicht alle Pinnower ihre Fragen an die Bürgervertreter loswerden konnten – unter anderem auch, weil die Hälfte der anberaumten 30 Minuten die Verwaltung Schwedt das Wort innehatte. Niklas Bock von der Fraktion „Liste für Pinnow“ beantragte, die Bürgerfragestunde zu verlängern, um weitere Fragen der Bürger zu hören. Die Fraktion „Wir für Pinnow“, die die Mehrheit in der Gemeindevertretung innehat, lehnte den Antrag ab. Begründet wurde dies nicht. Bürger verließen daraufhin erzürnt die Sitzung mit den Worten „So etwas habe es nicht mal unter Amtsdirektor Krause gegeben“ – eine Anspielung auf die auch damals schwierigen Verhältnisse mit dem ehemaligen Amtsdirektor. Auch Rufe nach dem Rücktritt des amtierenden Bürgermeisters wurden laut.

Was protokollarisch und rechtlich vielleicht korrekt ist, wirkt für den Außenstehenden dennoch wie ein Affront gegenüber dem Bürger und seinem berechtigten Interesse am politischen Geschehen. Eine um 10 Minuten verlängerte Einwohnerfragestunde hätte zeigen können: Wir nehmen eure Interessen ernst, wir sind für euch da, auch kritische Nachfragen sind erlaubt – so wie es in einer Demokratie sein sollte, so wie man es von seinen gewählten politischen Vertretern erwartet. Und es hätte die Sitzung nicht in großen zeitlichen Verzug gebracht. Stattdessen wurde beim Tagesordnungspunkt zum Gefahrenabwehrbedarfsplan wieder einmal überlegt, was Pinnow sparen würde, wenn es von Schwedt eingemeindet würde. Nunja, alles, denn Pinnow hätte dann ja keinen eigenen Haushalt mehr. Und vor allem hätten die Pinnower dann auch viel weniger Bürgernähe. Noch haben sie die Entscheider direkt vor Ort und nicht im 25 km-entfernten Schwedt. Sie spielen mit ihnen Fußball oder quatschen mal über den Gartenzaun. Mehr Nähe von Politiker und Bürger geht kaum. Ein so hohes Gut sollte nicht leichtfertig verspielt werden. Die Bürger von Pinnow wollen mitentscheiden und -gestalten. Auch dieses Engagement ist in der heutigen Zeit bewundernswert.
Demokratie zu schützen heißt auch, Bürgernähe zu bewahren, auch wenn es manchmal unangenehm ist und nervt. Andernfalls müssen wir uns über die Wahlergebnisse auch nicht mehr wundern.