Schwedt: Aufbruch oder Stillstand? – SVV entscheidet sich fürs Risiko der ZukunftReallabor

Förderung als Waffe, nicht als Bürde
Das Reallabor Bioökonomie spaltet die Stadtpolitik. Während Kritiker die 33-jährige Bindefrist als Fessel sehen, warben die Freien Wähler um Steffen Knauthe für Mut und Tempo. Die SVV hat entschieden: Schwedt wagt den Sprung nach vorn.

Fördergeld gegen lange Fessel

„Ohne Fördermittel geht bekanntlich nichts in Schwedt“ – dieser Satz hing über der Debatte wie ein Mantra. Doch die Konditionen sind hart: bis zu 95 Prozent Zuschuss aus dem Just Transition Fund, aber dafür eine Bindefrist von 33 Jahren. CDU-Mann Jens Köppen sprach von einer riskanten Hypothek, die die Stadt über Jahrzehnte fesseln könnte.

Die Mehrheit der Stadtverordneten sah das anders: Lieber das mögliche Risiko eingehen, als Chancen verschlafen.

Knauthe: „Jetzt oder nie“

Den Ton setzte Steffen Knauthe (Freie Wähler). Er sprach von einer Halle, die „sofort einsatzbereit“ ist – mit Anschlüssen, Genehmigungen und Unternehmen, die längst in den Startlöchern stehen. Zellfo, Natura Materia und Rement warten auf den politischen Freibrief.

„Dieses Pfund nicht zu nutzen, wäre töricht und schlicht nicht vermittelbar“, donnerte Knauthe. Und er warnte: Jeder verlorene Monat bedeute Risiko für Investoren. Sein Credo: „Eine Investition in diese Halle ist eine Investition in die Zukunft dieser Stadt.“ Knauthe forderte, alle Möglichkeiten zur Beschleunigung auszuschöpfen, auch durch Partnerschaften mit der Wirtschaft (PPP).

Zukunft oder Untergang

Die Kulisse ist düster: Die Raffinerie schwächelt seit dem Öl-Embargo, Industriearbeitsplätze verschwinden, Entlassungen belasten die Region. Für Knauthe und die Freien Wähler steht die Frage längst nicht mehr, ob Schwedt sich neu erfinden muss – sondern ob die Stadt es noch rechtzeitig schafft.

Das Reallabor soll zum Motor werden: Forschung, Prototypen, neue Produkte – mitten in Schwedt. Keine Vision für 2050, sondern ein Projekt, das jetzt starten kann.

Förderung als Waffe, nicht als Bürde

Während Kritiker in der möglichen langen Bindefrist eine Bürde sehen, drehen Befürworter das Argument um: Fördergelder seien hier kein Luxus, sondern eine Überlebensfrage. „Wir subventionieren nicht Peru oder Genderprogramme in Afrika, wir subventionieren unsere eigene Wirtschaft“, so Knauthe.

Die Botschaft: Wer die Förderung ablehnt, schneidet Schwedt von seiner vielleicht letzten großen Chance ab.

Beschluss: Schwedt wagt den Sprung

Am Ende fiel die Entscheidung: Die SVV stimmte mehrheitlich zu. Die Bürgermeisterin soll nun Planungsschritte einleiten, Eigentumsfragen klären und die Millionenförderung an Land ziehen.

Es ist ein Beschluss mit Unsicherheiten – doch er steht für Mut. Für die Freien Wähler ist es ein politischer Sieg, für Schwedt ein kalkulierbares Wagnis mit Signalwirkung. Stillstand wäre das größere Risiko gewesen.

Die Mehrheitsentscheidung der SVV zeigt, dass eine politische Linie gefunden wurde – getragen vor allem von den Freien Wählern, die das Projekt frühzeitig als Schlüssel für die Zukunft der Stadt markiert haben. Knauthes Rede machte deutlich, dass es um mehr geht als um Hallen und Maschinen: Es geht darum, ob Schwedt den Wandel aktiv gestalten oder nur verwalten will.

Die nächsten Monate werden zeigen, ob aus dem Beschluss Realität wird. Fest steht: Mit dem Reallabor ist Schwedt ein Stück näher dran, die industrielle Transformation nicht nur auszuhalten, sondern selbst zu gestalten.